Was ist Salutogenese?

Birgit Nora SchaeferBewusstsein | am 27/01/2021  | überarbeitet am 27/01/2021 | Min. Lesezeit | 0 Kommentare

Vereinfacht gesagt beschreibt der Begriff der Salutogenese wie gesund oder wie krank ein Mensch ist. Dabei wird davon ausgegangen, dass niemand zu 100 Prozent gesund oder zu 100 Prozent krank ist.

Ein vermeintlich gesunder Mensch trägt oft auch Ansätze von Krankheit in sich, beziehungsweise ein kranker Mensch verfügt auch immer noch über gesunde Anteile!

Gesundheit oder auch Krankheit ist in diesem Sinne kein Zustand sondern ein Prozess, dessen Übergang oft fließend und unbemerkt abläuft.

Worüber du hier lesen kannst:

Begriffsdefinition der Salutogenese

Sprachlich leitet sich der Begriff Salutogenese aus dem Lateinischen ab:

salus = Gesundheit, genese = Entstehung, Entwicklung.

Hier ist bereits die Interpretation als Prozess impliziert. Der Begriff beschreibt die Wissenschaft der Entstehung und Entwicklung unserer Gesundheit.

Ich persönlich sehe die Pathogenese im Gegensatz dazu, da sie auf den Krankheitszustand eines Menschen fokussiert. Der Ansatz der Pathogenese ist der Versuch, Krankheit zu vermeiden. Die Salutogenese richtet sich eher darauf aus, trotz Krankheit ein erstrebenswertes Ziel in Gesundheit zu erreichen.

Für mich lässt sich das in meinem Credo „In Gesundheit denken statt die Krankheit leben.“ zusammenfassen. Und es passt hervorragend zu meinem ganzheitlichen Denken.

Aaron Antonovsky – „Vater der Salutogenese“

Der Begriff der Salutogenese wurde durch Aaron Antonovsky (Medizinsoziologe, 1923–1994) in den 1980er Jahren geprägt.

Aaron Antonovsky sagt:

„Völlige Gesundheit und völlige Krankheit sind die extremen Ausprägungen, und niemand befindet sich jemals von seiner Geburt bis zu dem Augenblick des Todes an nur einem dieser extremen Pole. Es gibt Kräfte, die uns in die eine oder andere Richtung drängen, aber aus Sicht dieses Modells sind wir alle teilweise gesund, teilweise krank.“ (Antonovsky, 1993)

Faktoren, die bei der Salutogenese eine Rolle spielen

Das Modell der Salutogenese beinhaltet als wesentlichen Aspekt das Kohärenzgefühl.

Das Kohärenzgefühl beschreibt dabei:

  • Die Grundhaltung, Weltanschauung eines Individuums gegenüber der Welt und dem eigenen Leben
  • Das Gefühl von Zusammenhang und Stimmigkeit
  • Die Fähigkeit, vorhandene Stärken und Ressourcen zum Erhalt der Gesundheit und des Wohlbefindens zu nutzen
  • Die Überzeugung, dass sich Dinge gut entwickeln werden
  • Die Zuversicht, Lebensaufgaben meistern zu können
  • Die Haltung, das Leben als sinnvoll zu erachten

Das Kohärenzgefühl basiert auf 3 Komponenten:

  • Dem Gefühl der Verstehbarkeit der eigenen Person und der Umwelt, d. h. Realitäten angemessen beurteilen und Erfahrungen erklären zu können
  • Dem Gefühl von Handhabbarkeit und Bewältigbarkeit, d. h. der Überzeugung eines Menschen, dass Schwierigkeiten lösbar sind
  • Dem Gefühl von Sinnhaftigkeit bzw. Bedeutsamkeit, d. h. dem Ausmaß, in dem man das Leben als sinnhaft erfährt. Man findet also etwas, wofür man gerne Energie investiert und wofür man sich einsetzt und verpflichtet

Man geht davon aus, dass sich diese 3 Komponenten in den ersten 20 Lebensjahren des Menschen ausbilden. Ebenso steht die Resilienz, also die Widerstandskraft eines Menschen in engem Zusammenhang mit der Salutogenese. Menschen, die über ein starkes Kohärenzgefühl und eine hohe Resilienz verfügen, werden unter gleichen Bedingungen oft nicht so schnell krank wie Menschen mit geringerer Kohärenz und Resilienz.

salutogenes-balance-von-wohlfuehl-und-risikofaktoren

Durch den bewussten Ausgleich von Wohlfühlfaktoren (wie ich sie nenne) und Risikofaktoren, kann ich mein Kohärenzgefühl stärken und bewusst positiven Einfluss auf meine Gesundheit nehmen.

Praktische Anschauungsbeispiele (fiktiv)

Herr P., 49 Jahre, Familienvater, verheiratet, 2 Kinder (16 u. 19 Jahre), Abteilungsleiter, gut situiert, betreibt vorwiegend am Wochenende intensiven Radsport mit Freunden.

Frau M., 48 Jahre, Alleinerziehende Mutter, geschieden, 1 Kind (15 Jahre), Kassiererin im Supermarkt, hat aufgrund ihrer Schichtarbeit wenig soziale Kontakte und betreibt kaum Sport

Beide hatten vor 8 Monaten einen  Herzinfarkt mit sofortiger Aufnahme ins Akutkrankenhaus, Herzkatheter-Untersuchung, bei der 2 Stents gesetzt wurden.

Beide verlassen unter gleichen Bedingungen die Klinik:

  • der Infarkt ist gut überstanden
  • die betroffenen Herzkranzgefäße sind offen
  • die Herzleistung konnte erhalten werden

Herr P. kehrt in ein stabiles Umfeld zurück, in dem er Unterstützung bekommt und sich weitgehend sorgenfrei wieder in den Alltag zurückfinden kann. Er besucht regelmässig eine Herzsportgruppe.

Frau M. hingegen ist wie vor ihrem Infarkt auch weitgehend auf sich selbst gestellt, will aus Existenzangst schnell wieder in den Job zurückkehren und hat – auch wieder aufgrund ihres Schichtdienstes – wenig Möglichkeit, sich einer regelmässigen Herzsportgruppe anzuschliessen.

Für Beide gilt es nun, die Gesundheit bestmöglich zu stabilisieren und zu erhalten.

Auch wenn diese beiden Beispiele sehr polarisierend sind, wird offensichtlich, wer von Beiden die bessere Aussicht auf die positive weitere Entwicklung und den Umgang mit der eigenen Gesundheit hat. Beziehungsweise wird Frau M. möglicherweise mehr Kraft und Eigenmotivation aufbringen müssen, um dieses Ziel für sich zu erreichen. Im Idealfall holt sie sich professionelle Unterstützung, um die notwendige Stabilisierung nachhaltig zu erreiche

Meine persönliche Erfahrung

Als ich nach meinem Herzinfarkt 2012 in die Anschlussheilbehandlung kam, wurde ich dort vom Oberarzt mit folgenden Worten aufgenommen: „Ihnen ist hoffentlich bewusst, dass Sie jetzt chronisch krank sind?“

BÄM! Das hat gesessen und diese äusserst unsensible Aussage dieses Arztes hat mich zum damaligen Zeitpunkt sehr verunsichert, verängstigt, alleine und deprimiert zurückgelassen. Wie motivierend sein Verhalten angesichts der gerade beginnenden Reha-Kur war, ist die Frage. Aber das soll hier und heute nicht das Thema sein.

Auf jeden Fall bin ich der Psychologin in der Reha heute noch dankbar, dass sie mir den Begriff der Salutogenese nahe gebracht und verständlich gemacht hat. Für mich war es – nach der Aussage des Oberarztes – ein Hoffnungsschimmer am damals doch eher noch trüben Horizont, dass ich es lernen kann, die Entwicklung meiner Gesundheit nach dem Herzinfarkt durch meinen gewählten Umgang damit positiv zu beeinflussen.

Und das darf uns Allen im Hinblick auf unsere Gesundheit Mut machen.

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