Ich besuche das städtische Goethe-Gymnasium und genieße es, rund um die Schule Cafés und städtischen Trubel zu haben, bevor ich nachmittags mit dem Zug wieder in den kleinen Vorort von Freiburg zurückfahre, in dem wir wohnen.
Der coolste Junge aus einer Klasse über mir macht mir außerdem von Anfang an den Hof. Das schmeichelt mir natürlich sehr. Allerdings versaue ich mir die erste mögliche Liebschaft in Freiburg selbst, weil ich viel zu schüchtern und unerfahren bin. Und zu burschikos – so wurde ich damals oft genannt.
Meine erste Schulzeit in Freiburg ist geprägt von Hausbesetzungen und Anti-Atomkraft-Demos. Diese beginnen oft unmittelbar vor dem Goethe-Gymnasium oder ziehen dort vorbei. Oft sind sie, speziell in Freiburg durch die lebendige Szene, mit Krawallen verbunden. Eine aufregende Zeit, in der sich meine politische Meinung mehr und mehr bildet und ausprägt.
Und wie unendlich erwachsen fühle ich mich, als ich mit 18 – endlich selbstverantwortlich – Entschuldigungen schreiben darf, um die Schulstunden mit Freundinnen im Café zu verbringen.
Im gemeinsamen Winterurlaub mit meinen Eltern im Pitztal lerne ich, bereits 1981, meinen späteren Ehemann kennen. Das Pitztal ist damals ein eher unbekanntes Skigebiet und ein vom Tourismus noch sehr unberührtes Tal. Ich bin von der – völlig anderen Lebensweise als ich sie von zu Hause kenne – sehr fasziniert.
Meine Eltern betrachten die entstehende Beziehung zu dem ein paar Jahre älteren Pitztaler mit Argwohn. Aber wer weiß, wie Teenager ticken, der weiß auch, dass meine Eltern trotz ihrer Bedenken machtlos bleiben. Es entsteht eine Fernbeziehung mit regelmäßigen Pendelfahrten in den Ferien. Ein Start in eine Beziehung, der sich in meinem Leben nochmals wiederholen wird … Dazu später mehr.
1984 mache ich Abi und will dann stante pede nach Tirol gehen. Meine Eltern beharren allerdings darauf, dass ich eine Ausbildung mache. Wohl auch in der Hoffnung, dass sich die große Liebe im Laufe der Ausbildung auswachsen würde. Und insgeheim sagt mir meine Vernunft wohl auch, dass es durchaus sinnvoll sein könnte, eine „solide“ Ausbildung zu machen.
Klar ist allerdings, dass ich keinen Bock auf Studium habe. Ich will das so schnell wie möglich „durchziehen“! Einigermaßen sprachbegabt und mit einem gewissen Sinn für Ordnung und Struktur ausgestattet, macht eine Ausbildung zur „Europasekretärin“ das Rennen.
Und so beginne ich im Herbst 1984 meine schulische Ausbildung zur „Europasekretärin“ an der Merkur-Schule in Karlsruhe.